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Eine
Botschaft
der Nacht

Von Dolores Linggi

Als ich heute Morgen in den vollbesetzten

Zug steigen will, spür ich die Nacht hinter

mir, heftig atmend und haltlos.

 

hab ich was

vergessen? frag ich sie schweigend.

oder wie begründest du sonst,

dass du mir in den Tag folgst?

noch dazu im schönsten Samtkleid,

dunkelblau. nachtschwarz,

so weichgezeichnet

als wäre es aus Puderpigment,

mit einer sogartigen Tiefe.

 

die Nacht schweigt.

im Zug setze ich mich zwischen stille Blicke

und schweigende Lippen.

meine, die Nacht wird schon gehen,

zurück in meinen Traum,

oder ist es umgekehrt?

 

noch drängt der letzte Hauch von innen

gegen meine Augenlider.

und plötzlich weiss ich nicht mehr,

ob Licht immer angebracht ist.

weisst du, was dieser Traum in den Tag bringen wird?

was, wenn es jene Ungeheuerlichkeiten sind,

die besser unausgesprochen bleiben,

im Schutz der Nacht.

bewahrt und geborgen

und versteckt.

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