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It was in ä prison, änd nau it is frii

Von Severin Hofer

Ich zwinkere de Chnopfauge zue und studier das Tier gnauschtens. Als Chind hätt ich i de Nacht devo träumt, uf dem Dromedar z riite.

Es isch Donnschtigobig und ich ziehn ziillos dur d Chliistadt. Plötzlich gsehn i im rächte Augewinkel öppis, won i nöd rächt chan iiordne. Ich bliibe stah, dräj mi um und lueg fadegrad em‘ne Dromedar i d Auge. Es staht döt, ruhig und majestätisch. Hätt’s zwüsched üs kei Glasschiibe, würd i mini Hand usstrecke, dass es cha dra schnuppere. Wobii ich mer unsicher bin, öb Dromedar au so uf fremdi Händ abfahred wie biispilswiis Hünd. Und irgendwie würd mer au bitz komisch vorcho, das bimene Tier us Plüsch z mache. Demit wett i nöd behaupte, das Dromedar vor mir seigi nöd beiidruckend. Im Gägeteil. Es isch ebe gliich no imposant mit sinere Längi vo zwei Meter und em Höcker, wo mer bis zum Hals ufe langet. Ich zwinkere de Chnopfauge zue und studier das Tier gnauschtens. Als Chind hätt ich i de Nacht devo träumt, uf dem Dromedar z riite.

   Jetzt aber bin i erwachse und cha läse, was uf de Schiibe staht: Outlet.

Wie vill Tafele Schoggi i das Dromedar inepasse würded? Mini Grossmuetter hed mir als chline Bueb biibracht, wie me schätzt

Am nächschte Tag schlepp i Zügelkartons in vierte Stock ufe. Won i grad so ne Chischte volle Chleider uflüpfe zum i die neu Wohnig vome Kolleg ufezträge, überleg i, wie schwär das Dromedar ächt isch. Mini Grossmuetter hed mir als chliine Bueb biibracht, wie me schätzt. «E Schoggitafele wiegt hundert Gramm», hed sie gseit. Drum hirn i dra ume, wie vill Tafele Schoggi i das Dromedar inepasse würded, während ich Karton für Karton träge.

   Am Mittag frag i am Tisch, wo bis denn vo de Zügelhälferlis niemert nüüt gseit hed, wer vo do inne s Dromedar kenni. Das grosse Viich us em Iichaufszenter, ganz i de Nöchi. Alli nicked, und de eint, wo Chischte wägruume chan wien en Schneepflueg, will wüsse, werum ich so Frage stelle.

   Wil’s sich i dem Lade sicher einsam fühlt. Alli lached und ich realisier, dass ich s Dromedar no a dem Tag befreie sött.

   S Mittagsgschwätz schiint mit em letschte Kafi wäggspüelt z sii und mer hiived schwiigend die reschtliche Chischtene s Stägehuus duruf. Gäg die füfi, dusse isch es dunkel, träffe mer üs vor em Huus. Es paar Zigerette wärded graucht, während über d Tücke vom Zügle schwadroniert wird. «Tschau. Schöne. Bis es anders Mol.»

Das prächtige Exemplar hole mer hüt da us dem Hoschpiz under de Spiilzüügläde  

Dehei erwartet mich mini Mitbewohnerin, d Nina, im Türrahme mit vier packte Koffer.
   Wäg dere ganze Gschicht mit em Dromedar isch undergange, dass hüt i min're eigete Wohnig au no züglet wird. Richtig denäbet vo mir, das z vergässe. Vor zwei Wuche han i no luut plagööret, de Abschiid würded mer denn gross zelebriere. Und jetzt chund mer nüüt Gschiiders z Sinn als: «Du reisisch erscht morn ab, gäll?». D Nina nickt und schlaht vor, dass mer gönd es Bier go trinke. «Ich hätt en andere Vorschlag. Hüt mache mer öppis, wo längscht fällig isch.»

 

Bitz spöter lotsen i d Nina dur d Stadt bis zum Schaufänschter mit em Dromedar. Döt zeig i uf das prächtige Exemplar vo Plüschtier und mach en Aasag: «Das Dromedar hole mer hüt da use.»
   Wie vill dass es chostet, wett mini Begleitig wüsse. «Das isch kei gwöhnliche Spilzüüglade, das isch en Outlet. Sozäge s Hoschpiz under de Spiilzüügläde. Im'ne Outlet isch alles günschtig», erklär ich ihre. «Aber ja, mini Schmärzgränze isch bi hundertsächzg Franke», säg i no und stosse d Glastüre uf. D Nina chund mer hinde noche i Lade.


D Verchäuferin hinder em Trese schiint uf ihre Fiirobig z warte. No hed sie en Stund vor sich. En Stund, wo das Meitli bim einte Regal wohrschiindli bis zur letschte Sekunde uskoschte wird. Näbscht üs isch sie die einzig Chundin und inspiziert s Spiilzüüg mit scharfem Blick. Sie luegt uf, won i mini Befreiigsred Richtig Verchäuferin asetze.

E ganzi Badwanne gfüllt mit Paninibildli – s’Meitli macht grossi Auge

«Vo artgrächter Haltig cha do kei Red sii», schlüüss i mis Plädoye für d Freiheit vo dem Plüschtier.
   D Verchäuferin luegt frogend zu de Nina, wo drufabe nur mit de Schultere zuckt.

   Wie vill’s den choschtet, wett i wüsse. Lang starrt d Verchäuferin uf de Bildschirm vo de Kasse und ich bi mer nöd sicher, öb sie nach em Priis suecht oder sich am sammle isch. Uf all Fäll erklärt sie mir, dass es ursprünglich zwoituusigachthundert Franke koschtet heigi.

   S Meitli, wo sini Ufmerksamkeit vo de Spiilzüüg zu üs übere verlageret hed, wett wüsse, öb ich das Dromedar würklich befreie möcht.

«Das choschtet so vill wie en ganzi Badwanne gfüllt mit Paninibildli,» hol i zum Vergliich us.
   S Meitli macht grossi Auge und d Verchäuferin wirft i d Rundi, dass es jetzt für tuusigzweihundert Franke zum Verchauf staht.

 

«Wär’s möglich, dass ich dem Dromedar für weniger Gäld d Freiiheit chönnti schänke?», frög i naiv noche.

   «Usgschlosse», seit d Verchäuferin sträng.

   «Werum, chömed Sie suscht i d Chischte?», gang i all in. «Stress mit em Chef,» seid sie knapp.
   «Prima. Denn lüütet Sie dem doch a. Erkläred Sie ihm, en junge Herr würd em'ne Dromedar gärn d Freiiheit schänke, nur hed er halt chli begränzti Mittel.»


Zerscht luegt d Verchäuferin ungläubig und nimmt denn de Hörer i d Hand. En churze Augeblick spöter leid sie uf, luegt mi mit em’ne Blick a, wo suscht nur Lüüt vo de Schmier ufsetzed, und seid: «Sibehundert Franke, drunder uf kei Fall.»

E dummi Moral isch das: chum händ die Erwachsene Problem, möched sie sich us em Staub

No bevor ich es Wort usebracht han, grätscht s Meitli dezwüsche und wett wüsse, öb das Dromedar jetzt i d Freiiheit chund oder nöd.

   «Vill z tüür. Das gad nöd», säg i und chum mer füdledumm vor. Zum die Situation nöd no unnötig i d Längi z zieh, han i’s uf einisch pressant und verloh de Lade ratzfatz. Ohni Dromedar, defür mit em'ne saudoofe Gfühl.

   D Nina und ich laufed d Hauptschtross entlang, won i uf de Höchi vom Iisstadion stah bliibe und zunere säg: «En dummi Moral isch das. Ich mein, was dänkt das Meitli jetzt? Chum händ Erwachsni Problem, möched sie sich us em Staub.» Sie gid mer rächt und frogt, öb’s en Plan gäb.
   «So kompliziert isch es ja nöd. Mer bruuched nur füfedrissg Gottis und Göttis, wo zwänzg Stutz spänded und rädibutz hämmer das Dromedar befreiit.»


Da defür wäred Fotene vom Dromedar guet, meint d Nina. Und so stömmer denn wenig spöter wider im Lade, wo s Meitli vo vorher immer no d Spiilzüüg am beguetachte isch.
   Ich stüüre uf s Meitli zue und verzell em vo üsem Iifall. Es isch begeischtered. Ganz andersch als d Verchäuferin, wo nach min're Erklärig nur druf hiiwiist, dass s Dromedar no immer sibehundert Franke choschtet. Immerhin zeigt sie sich kooperativ und lod üs Fotene mache.

 

Mit dene mache mer üs uf e Heiwäg. Das heisst, d Nina macht sich uf e Heiwäg. Für mich gid’s no es Bier i dere Bar grad am Bahnhof, won i a anderne Täg sälber Bier usschänke tuen.
   Am Barkeeper verzell i vom Dromedar, mim Befreiigsplan und frog, öb er Götti wärde will.
   Zerscht luegt er ungläubig, taucht hinder em Trese ab undstreckt mer aschlüssend es Gurkeglas mit zwei Zwänzgernote entgäge.

Ich schwänke s’Gurkeglas hin und här: en edle Versuech unterstütz ich mit emene Batze

«Vo mir bechunsch vierzg Stutz. Aber das Dromedar chund do nöd id Hütte», seid er. Alles klar. Ich sitz as Fänschter und tipp d Gschicht vom Dromedar i mis Handy. Uf Instagram würd i nach Gottis und Göttis fische. D Bar füllt sich und ich überlege, öb i söll uf Nummer sicher gah. Ich mein, bi son're Aaglägeheit nur uf s Internet z vertraue, wür d Mission am Änd no gfährde.

 

So quatsch i denn e Rundi vo Lüüt a und schwänke s Gurkeglas während em Verzelle hin und här. «En edle Versuech und drum unterstütz ich dich mit em'ne Batze», meint de eint mit em wisse Hömmli und rüehrt es Zwänzgernötli ine.

 
Und so gad’s wiiter. Obwohl die meischte Mänsche nöd dra glaubed, schmeissed’s ihres Gäld is Gurkeglas. Wie wänn sie nöd wännd tschuld sii, wänn's wäg ihrne zwänzg Franke nöd würd klappe.

   Won i uf mis Handy lueg, gsehn i einigi Nachrichte, wo inecho sind.

 

Wie mini Telefonnummere sigi, wäg em Twint, frögt eine, wo kei Bargäld debii hed. E Telefonnummere han i scho. Nur ebe kei Twint. Drum frog i de Barkiiper, öb i sini Nummere cha duregäh. Er chöng's denn in bar is Gurkeglas rüehre. «Es isch jo nöd vill, ja, chasch d Nummere gäh», seid er.

 

Schön bödelet isch das Glas, won i's nimme und us de Bar uf die anderi Strossesiite stürchle. Döt verschwind ich i d Chällerbar, stell dunne de Pot vor mich ane und bstell es Bügelspez. En churzi Erchlärig an Barkeeper vo de Chällerbar und er schmeisst sächzg Franke is Glas. Offizielle Goldsponser.

Befreiig voratriibe! D‘Chällerbar spoizt mich use, s’Händy surrt ununterbroche

D Ziit im Chäller unde zieht verbii, s Handy bliibt stumm und ich überlegge, wien i d Befreiig voratriibe chönnt.

 

Wo mich d Chällerbar i de Morgestunde usespoizt, surrt mis Händy ununterbroche. Es chund mer z Sinn, dass es mit em Empfang döt unde immer chli schwirig isch. Ich schriib allne Interessänte retour und gang zrugg i d Bar vom Aafang. De Barkeeper vergitzlet fascht und meint, dass nur no öppe drühundert Franke fähle würded. Er nimmt de Betrag, wo twintet worde isch us de Kasse, und ich heb s Gurkeglas ane.

Nach em’ne churze Update uf de soziale Medie god alles ruckzuck. Am halbi zwei am Morge sind achthundertfüfezwänzg Franke füfzg uf mim Konto. Ich trink no es Bier und mach mich uf e Heiwäg.

Am Morge am vieri merk i, das isch falsch: s’Kamel isch das mit zwei Höcker, s’Dromedar hed eine. Zweihundert Liter, das isch öppe e Badwanne

I dere Nacht träum i nöd vom Dromedar. Ich ligge hellwach im Bett und starre a d Tili. Es fühlt sich so a, als wüsst die ganzi Stadt vom Dromedar. Himmeltruurig, wänn’s mer am Änd no vor de Nase wäggschnappt würd. En Blamasch wär das. Und s Gäld? Das wär denn au e komplizierti Gschicht, das de Lüüt wider zrugg z gäh. Oder dörft i das denn eifach suscht noime spände? Es anders Tier chaufe? Ich stell de Wecker mehrmols und drülle d Läde ufe, dass d Sunne am Morge inezündet.

Am Morge am halbi vieri gang i uf Google und frög noche, wänn s Iichaufszenter ufmacht. Und wie vill es Dromedar uf einisch trinke chan. Zweihundert Liter, das isch öppe e Badwanne. Das isch aber nöd im Höcker gspeichered. Im Höcker speichered die Viicher Fett. Dromedar ghöred zu de Familie vo de Kamel. Sie sind afrikanischi Kamel. Au Alpakas sind Kamel. Eifach südamerkianischi. Wie d Lamas au. Sogenannti Neuwältkamel. Bis jetz han ich immer gmeint, s Kamel isch das mit zwei Höcker und s Dromedar das mit eim Höcker.

   Das isch aber falsch, merk i am Morgen am vieri.


Punkt Viertel vor achti stahn i ällei mit mim Gurkeglas vor em Iichaufszentrum und gseh d Verchäuferin vo gester dur de Lade husche. D Türe gad pünktlich uf und ich stelle s Gurkeglas uf de Trese zum afo usezelle. D Verchäuferin macht debii es erstuunts Gsicht. «Mit em Auto da?», wett sie wüsse. «Cha nöd Autofahre, han aber zwei Händ und viil Ziit» säg i zun're und leg die letscht Zähnernote uf d Ablag.

„It was in ä Prison, and nau it is frii“ stottere ich nume

Dass das mit de zwei Händ irgendwie kei Sinn gmacht hed, merk i churz drufabe, won i s Dromedar us em Schaufänschter lüpfe möcht. 'S sind meh as drühundert Tafele Schoggi.
   Mit em'ne Ruck bugglis uf d Schultere, loh mer vo de Verchäuferin d Türe ufhebe und mach mich uf de Heiwäg. De Hauptstross entlang wank i mit dem vill z schwäre Viich und ghöre Autos hupe, won i nöd gseh, will sich mini einti Gsichtshelfti an Höcker prässt.


Es isch Samschtigmorge nach de nüne und ich bi scho wider am Änd. E churzi Pause gönn i mer denn a de Chrüüzig, wo so nen fette Chlapf uf em Trottoir parkiert. Zwei Fraue sitzed dinne und lönd d Schiibe abe. Uf Änglisch froged’s mich, was i do mache. En Erchlärig uf das wär mer scho uf Düütsch schwär gfalle, aber uf Änglish, döt han i gar kei Druchblick. Mer händ jo immer nur über s Wätter gredet i de Schuel. Und d Farbe chan i au no. Aber zum en Befreiig vom'ne Dromedar z erchläre, fählt mer eifach s nötige Vokabular.

 

Und so stotter i nume: «It was in ä Prison, änd nau it is frii.»


D Auge vo dene beide Dame ziiled ab dere Antwort i all Richtige. Denn schlönd’s vor, dass ich’s uf Düütsch versueche söll, das würded’s auf verstah. Zmitzt uf de Chrüüzig verzell i also dene beide vo dere ganze Aktion und bechume, chum bin i fertig, en Chauffeurdienscht als Agebot.
   En gueti Sach, dänk i mer. Bis mer merked, dass das Dromedar vill z gross isch. Au für de Riiseschlitte.

„Es Steiff“, seid die älteri Frau, „es Dromedar“, säg ich

Ich mach mich drum uf e Wäg zum nächste Bahnhof. Döt schlepp i s Dromedar d Stäge duruf uf s Perron und froge mich, öb i jetzt es Billet löse muess. Ich ha mich no nöd entschide, do spricht mich en älteri Frau a. «Es Steiff», seid sie und setzt en übertribnige Blick uf. «Es Dromedar», säg i zun're und lös es Bilett. «Dänk d Marke, junge Burscht. Das isch es Steiff», fad sie mit ihrne Usfüehrige a. Und so erfahr i bim Warte, dass näbe mir de Rolls Royce under de Plüschtier staht.


Wo de Zug denn ifahrt, stuun i nöd schlächt. Pumpevolle am'ne Samschtigmorge. Ich drück s Dromedar in Waggon und sorge für vill Glächter. Ei Haltistell lang han i Ziit, zum de Lüüt verzelle, was do los isch. Uf Düütsch zum Glück.


Won i chli spöter us de Bahnhofshalle stolpere, surrt mis Handy im Hosesack. «Was god bi dier wider ab? Zwinkersmiley», schriibt e Bekannti. Es Bildli vo mir und em Dromedar hed sie au no gschickt. I dem Momänt realisier ich, dass mich das Dromedar no es Ziitli begleite chönnt. Us dere Nummere chunsch nüm so einfach use. Gueti Ussichte für en Samschtigmorge.

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